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„Wir brauchen wieder eine HCL-DNA“

Aktualisiert: 31. Aug. 2022

Interview mit Fabian Kunze, Geschäftsführer und Cheftrainer




Leipzig. Doppelt hält besser. Auf diese sprichwörtliche Kurzformel gebracht, kann die Doppelfunktion von Fabian Kunze beim HCL in dieser Saison gebracht werden. Bekanntlich führt der 31-Jährige den Leipziger Traditionsverein als Geschäftsführer und Cheftrainer in Personalunion – im Hauptamt.


Zwischen Trainingsstart und Trainingslager spricht der HCL-Kenner über die anstehende Arbeit, gibt Ein- und Ausblicke.


Wie groß ist der Appetit auf deine dritte Zweitliga-Saison beim erfolgreichsten Frauen-Handball-Club der Messestadt?


Der Appetit ist sehr groß. Jedes Handballspiel weckt bei mir immer wieder Begeisterung und da


s in jeder Liga. In Liga zwei habe ich viele Erfahrungen gemacht, Trainer und Teams kennengelernt, gute Kontakte hergestellt, ein Netzwerk aufgebaut. Das soll alles noch intensiviert werden. Es ist mir eine große Freude, mit unserer Mannschaft und unseren Fans in die neue Spielzeit zu gehen.


Die Pläne seitens der Vereinsführung sahen zunächst anders aus…


Wir hatten im Zuge der Professionalisierung schon den Plan, zwei hauptamtliche Stellen zu schaffen. Dies ist dem Verein leider nicht gelungen. Der jetzigen Lösung hätten wahrscheinlich andere Personen nicht zugestimmt, sie hätten ihren Stolz höher gehalten. Ich denke, dass ich auf beiden Positionen in der Lage bin, mich in den Dienst des Vereins zu stellen und ihn gemeinsam mit dem Umfeld voranzubringen. Ich freue mich auf die Aufgabe, die garantiert sehr intensiv wird. Wenngleich auch ich mir einen anderen Umgang im Vorfeld gewünscht hätte.


Präsident Torsten Brunnquell hat Tabellenplatz fünf als Saisonziel 2022/23 ausgegeben. Ist das realistisch?


Ich sehe Platz fünf als sehr ambitioniert an, gerade aufgrund der aktuellen Torhüterproblematik. Tatsache ist, dass unser Kader nicht gewachsen ist. Ich muss die Doppelbelastung stemmen und der Tag hat lediglich 24 Stunden. Dennoch bin ich mir sicher, dass, wenn alle Spielerinnen gesund sind, der fünfte Rang möglich ist. Aber dazu muss sehr viel sehr gut laufen.


Das Verletzungspech war zuletzt ständiger Begleiter deines Teams. Und es geht schon wieder los. Beide Torhüterinnen fallen länger aus. Ist ein Lichtblick da?


Seit Juni arbeiten wir nur im athletischen Bereich, die Mädels werden fit. Annabell Krüger und Anna Kröber sind schon länger verletzt und der Wiedereinstieg dauert leider. Insofern gibt es keine „neuen“ Verletzungen. Doch mit der 18-jährigen Janine Fleischer haben wir inzwischen eine dritte Torfrau gefunden. Wir sehen in ihr großes Potenzial und freuen uns auf ihren Einsatz. Unterstützt wurde der Wechsel von Zwickaus Trainer Norman Rentsch. Janine Fleischer kann sich in der Zweiten Bundesliga profilieren und im Training von unserem Torwarttrainer Wieland Schmidt einiges lernen. Dazu haben wir mit Elia eine erfahrenere Torhüterin im Verein und auch Saskia Richter hat riesiges Potenzial.


Auf welchen Positionen muss noch Verstärkung her?


Wir vertrauen der Mannschaft, wie sie jetzt ist. Jennifer Hofmann, Julia Redder, Joanna Granicka und Ivana Raickovic sind neben Janine Fleischer die Neuen im Team. Für die Zukunft müssen wir aber schon noch Qualität dazu holen, besonders ein bis zwei Linkshänderinnen.


Am 9. August geht`s ins Trainingslager nach Hodonin ins Tschechische. Campleben im Spielmodus - Freund oder Feind des ehemaligen Handballers Kunze?


Ich habe das als Spieler gemocht. Wir haben sehr viel Zeit miteinander verbracht, auch neben der Platte. Heute als Trainer knüpfst du besser zwischenmenschliche Kontakte und siehst einiges aus einem anderen Blickwinkel. Die Spiele des Turniers sollen vor allem taktischen Input geben, da die Mannschaft schon ein „neues“ Gesicht bekommt.


Wo liegen die Schwerpunkte?


Vor allem werden wir an der Taktik feilen, die Abwehr und das Tempospiel zum Thema haben. Integriert sind bei einem internationalen Turnier fünf Spiele gegen fünf verschiedene Mannschaften.

Es wird dazu viele Teamaktivitäten geben, um uns besser kennenzulernen und zusammen zu wachsen. Es stehen kleine Spiele und Aktivitäten im Freien an. Auch die Tischtennisplatte kommt mit. Nicht zuletzt steht das Verteilen von Aufgaben und Ämtern an, unter anderem, wer die Kapitänsbinde tragen wird.


Für Lotta Röpcke wird es ab dem Wochenende bei der U18-Weltmeisterschaft ernst. Was ist für das deutsche Team drin?


Ich denke, wir können ganz oben mitspielen. Als Verein drücken wir natürlich die Daumen und setzen auf tolle Erfahrungswerte für Lotta und Tabea. Auf der anderen Seite fehlt uns Lotta in der Vorbereitung.


Apropos Vorbereitung. Am 25. August findet ab 18.30 Uhr in der Brüderhalle ein Benefizspiel statt. Worum geht es für Wen?


Das ist eine kleine Herzensangelegenheit für mich. Es gibt zahlreiche Probleme auf der Welt, davon viele, die untergehen. Etwa klares Wasser, Essen und Bildung für Kinder und Jugendliche. In Kenia hat der Förderverein Fuhora e.V. mehrere Schulen gebaut. Da unterstützen wir, wir wollen den Menschen etwas zurückgeben. Aus den Einnahmen des Benefizspiels soll es für die Schulkinder für das ganze Jahr warmes Mittagessen geben. Es hilft jeder Euro. Wir sind unserem Gegner Halle sehr dankbar, dass er so eine Aktion unterstützt. Es wird extra Trikots zur Versteigerung geben. Dazu wird der Verein bekannter und es kann direkt gespendet werden.


Die Posten als Cheftrainer und Geschäftsführer im Fulltimejob optimal zu bewältigen, wird ein hartes Brot. Gibt es da ein besonderes Rezept?


Als hauptamtlicher Geschäftsführer sehe ich eine ganz andere Verantwortung und andere Aufgabenfelder als zuvor als Geschäftsstellenleiter. Wenn ich früher Ideen hatte, wurden diese zwar weitergeleitet, sind aber meistens untergegangen. Viel Arbeit ist liegengeblieben. Ich musste mich vor allem um die Buchhaltung kümmern und war Ansprechpartner für jedermann. Nun bin ich froh, dass mir Maren Holz einiges abnimmt und ich dem Verein Strukturen und Visionen geben kann. Wichtig ist: ich sehe meine hohe Belastung und Verbindung zum HCL nicht als Verpflichtung, sondern als Ehre. Eine Ehre für diesen Verein und die Menschen solch wichtige Aufgaben erfüllen zu dürfen.


Was heißt das konkret?


Wir brauchen wieder eine HCL-DNA. Es wird viel gepredigt, dass es eine so gute Nachwuchsarbeit gibt und wir eine lange Tradition haben. Das stimmt in gewisser Weise. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass es da tatsächlich vorwärtsgeht. Wir müssen mehr in der Öffentlichkeit auftreten, den Verein interessant machen und ein Gefühl für ihn entwickeln. Parallel dazu habe ich die sportliche Leitung übernommen, da wir auch in dieser Thematik noch mehr stagnierten als verbesserten. Wir brauchen professionellere Strukturen, bessere Trainingsbedingungen und eine bessere Kaderplanung. Alles sehr viel und nicht leicht. Daher versuche ich zum einen selber viel zu erledigen aber auch mehr Schultern zu finden, mit denen wir zuverlässig arbeiten können.


Die Sponsoren halten zur Stange?


Größtenteils ja, dafür sind wir sehr dankbar. Aber wir müssen sie noch besser an uns binden, ihnen das Gefühl geben, am Erfolg beteiligt zu sein und eben auch etwas zurückgeben. Natürlich stehen unsere Türen immer weit offen für neue Partner. Wir müssen unbedingt einen größeren Pool erarbeiten.



Ja, das haben die Spielerinnen auch immer als großes Plus erachtet. Aber wir brauchen mehr Zuschauer, um es in der Brüderhölle wieder richtig krachen zu lassen. Auch die Eintrittsgelder sind uns sehr wichtig für die Zukunft. Die Heimspiele sollen vermehrt Eventcharakter erhalten. Wir wollen zeigen, dass der HCL für Leipzig ein wichtiger Sportfaktor ist. Dabei hilft es freilich immer, Siege einzufahren und dieses tolle Gefühl mit den Fans zu teilen. Aber genauso sind wir unseren Fans dankbar, wenn sie bei sportlicher Misere zu uns halten.


Interview: Kerstin Förster



















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